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Neujahrskonzert, dirigiert Barenboim: Geschichte eines Ereignisses mit Licht und Schatten

Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2022 findet am 1. Jänner 2022 unter der Leitung von Daniel Barenboim im Goldenen Saal des Musikvereins in Wien statt: Hier ist die Geschichte dieses außergewöhnlichen Ereignisses, das die ganze Welt in seinen Bann zieht Peinliche Folgen werden im Nationalsozialismus entdeckt

Neujahrskonzert, dirigiert Barenboim: Geschichte eines Ereignisses mit Licht und Schatten

Die enge musikalische Zusammenarbeit von Daniel Barenboim mit den Wiener Philharmonikern begann im Jahr 1965. Nach 2009 und 2014 leitet Daniel Barenboim mit dem Konzert am 1. Januar zum dritten Mal dieses hochkarätige Konzertereignis. Das Neujahrskonzert 2022 wird in über 90 Länder übertragen und von Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt verfolgt.

Eine lange Tradition der Philharmoniker, zum Jahreswechsel u. a Programm komponiert aus lebendiger und zugleich nostalgischer Musik aus dem umfangreichen Repertoire der Familie von Johann Strauss und seiner Zeitgenossen. Diese Konzerte begeistern nicht nur das Publikum im Wiener Musikverein, sondern erfreuen sich auch großer internationaler Beliebtheit durch die weltweite Fernsehübertragung, die inzwischen in über 90 Länder erreicht wird.

Daniel Barenhoim wurde 1942 in Buenos Aires, Argentinien, geboren stammt aus einer russisch-jüdischen Familie und war ein pianistisches Wunderkind, das sich in den 60er Jahren zunächst als Interpret des klassischen Tastenrepertoires einen Namen machte. Barenboims Aufführungen von Beethovens Sonaten wurden legendär und er war einer der ersten Musiker der Neuzeit, der die Idee wiederbelebte, Mozarts Klavierkonzerte ohne Dirigent aufzuführen, anstatt sie vom Klavier aus zu dirigieren – wie es einst Mozart selbst tat. 1967 heiratete Barenboim die klassische Cellistin Jaqueline du Pre. Sie blieben bis zu du Pres Tod im Jahr 1987 verheiratet. Daniel Barenboim veröffentlichte 2007 sein Buch „Music Awakens Time“. Er wurde außerdem zum Ehrenpatron der Japan Art Association ernannt, als er 2007 den Praemium Imperiale in Japan erhielt. Der Preis, der ins Leben gerufen wurde, um Künstler zu ehren, deren Arbeit einen bedeutenden internationalen Einfluss hatte, wird mit einem Preisgeld von 15 Millionen Yen vergeben. Barenboim, der seit über 40 Jahren auf dem Höhepunkt seines Berufs steht, ist bekannt für seine langjährigen Beziehungen zu einigen der besten Orchester der Welt: dem Chicago Symphony, der Berliner Staatskapelle und den Berliner Philharmonikern sowie der Berliner Staatsoper Unter den Linden er war viele Jahre künstlerischer Leiter. Obwohl der Pianist und Dirigent vor allem für seine Nähe zu den großen Meisterwerken der deutsch-österreichischen Klassik und Romantik – Mozart, Beethoven, Brahms, Bruckner, Wagner – bekannt ist, ist er auch ein starker Förderer lebender Komponisten.

Aber die Geschichte dieses Ereignisses ist nicht so alt, aber ziemlich obskur. Zeitlos wirkt dagegen die alljährliche Darbietung von Walzern, Polkas und Märschen von Johann Strauss, seinen drei Söhnen und ihren Zeitgenossen. Alles an der Veranstaltung, von ihrer Förmlichkeit, ihrem glamourösen und kunstvollen Humor bis hin zu ihrem Austragungsort im fast überwältigend opulenten Goldenen Saal des Musikvereins, suggeriert etwas, das an die aufregenden Tage des 19. Jahrhunderts erinnert. Tatsächlich ist die Geschichte des Neujahrskonzerts eine Nazi-Erfindung. Die erste Aufführung fand am Silvesterabend 1939 statt, um Spenden für das Winterhilfswerk zu sammeln, eine jährliche Spendenaktion der Nationalsozialistischen Partei, um in den kälteren Monaten des Jahres Treibstoff für Bedürftige zu kaufen. Als die Strausses noch lebten, standen die Wiener Philharmoniker ihrer Musik eher ablehnend gegenüber. Warum sollte ein so fortschrittliches und abenteuerlustiges Orchester populäre Melodien spielen wollen? Sie begannen, es Ende der 20er Jahre ernster zu nehmen, aber die Idee einer saisonalen Strauss-Gala fand wirklich Anklang, als die Kulturbeauftragten der NSDAP die Idee hatten ein verbindendes Ereignis, das im gesamten Dritten Reich live übertragen werden konnte. Das Konzert wurde 1941 auf Neujahr verlegt.

Als die Menschen erkannten, dass der Krieg nicht so schnell enden würde, galten der Donauwalzer und die Fledermaus-Ouvertüre als nützliche Mittel, um die Moral zu stärken. Als sich herausstellte, dass Strauss jüdischer Abstammung war, sorgte der NS-Propagandaminister Joseph Goebbels höchstpersönlich dafür, dass die Nachricht totgeschwiegen wurde. Als der Krieg zu Ende war, ließ es keinen Schlag aus: Die Konzerte gingen einfach weiter, ihre peinliche Geschichte wurde leise vergessen. Noch in den 60er Jahren begrüßten die Wiener Philharmoniker einen Kriegsbefürworter: Baldur von Schirach, den Nazi-Gauleiter oder Gouverneur von Wien, der Zehntausende Juden deportierte. 1942 wurde ihm der prestigeträchtige Ehrenring des Orchesters verliehen. Überraschenderweise erhielt er nach dem Verlust der Medaille bei seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Spandau mehr als 20 Jahre später einen Ersatz. Diese Tatsache wurde bekannt, nachdem unabhängigen Historikern Zugang zum umfangreichen Archiv der Wiener Philharmoniker gewährt wurde und ihre oft erschreckenden Berichte über ihre Haltung während und nach dem Krieg nun auf der Website des Orchesters veröffentlicht wurden. Seitdem hat das Orchester sechs prominenten Nazis, darunter von Schirach, Auszeichnungen annulliert.

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