Teilen

Fondation Beyeler, beherbergt den deutschen Künstler Richter vom 18. Mai bis 7. September 2014

Die Fondation Beyeler widmet einem der größten Künstler unserer Zeit eine beispiellose Ausstellung: dem Deutschen Gerhard Richter, Autor eines umfangreichen und heterogenen künstlerischen Korpus – Die Ausstellung ist vom 18. Mai bis zum 7. September geöffnet.

Fondation Beyeler, beherbergt den deutschen Künstler Richter vom 18. Mai bis 7. September 2014

Gerhard Richter (*1932, lebt und arbeitet in Köln) gilt als einer der größten Künstler unserer Zeit. In den sechzig Jahren seiner künstlerischen Tätigkeit hat er ein thematisch und stilistisch sehr heterogenes Werkkorpus geschaffen. Dort Beyeler-Stiftung widmet ihm eine große Ausstellung, die in der Schweiz ihresgleichen sucht. Erstmals richten sich die Scheinwerfer auf seine Serien, Zyklen und Räume und damit auf einen bisher noch nicht untersuchten Aspekt seines Schaffens.

Seit den 1960er Jahren hat sich Richter sowohl mit Serien als auch mit dem Einzelwerk auseinandergesetzt, wie seine frühen sowohl fotorealistischen als auch abstrakten Gemälde, Arbeiten mit Spiegeln und Glas oder die jüngsten Zyklen der Digitaldrucke von 2013 belegen. Gleichzeitig blickte Richter ab den Beginn auch zur Präsentation seiner Kunst im Zusammenhang mit Architektur, wobei er mehrfach ortsgebundene Werke schuf. Im Laufe der Jahrzehnte sind so zahlreiche Zyklen und Räume entstanden, die auf unterschiedliche Weise Reflexionen über das wechselseitige Verhältnis von Einzelbild, Werkgruppe und Ausstellungsraum anregen.

Die Serien gehen bei Richter von unterschiedlichen Stichworten und Fragestellungen aus: Es gibt Werkgruppen, die durch die inhaltliche Verwandtschaft des Themas miteinander verbunden sind, wie etwa Acht Lernschwestern von 1966 bis 18. Oktober 1977 (18. Oktober 1977) von 1988; in anderen Fällen hat der Künstler das Thema in verschiedenen Variationen aufgegriffen, so dass die Verbindung zwischen Motiv und Variation entscheidend ist, wie die Verkündigung nach Tizian von 1973 bis S. mit Kind (S . mit Kind) von 1995. Wie die abstrakten Bildgruppen schaffen sie einen erweiterten Imaginationsraum, in dem Einzelbild und Gesamteindruck immer wieder aufeinander verweisen, etwa in Wald von 2005 oder in Cage von 2006 Diese und weitere Aspekte von Gerhard Richters Arbeit an Serien und Räumen werden erstmals in der sehr dichten Ausstellung in der Fondation Beyele dokumentiert

Die Anfänge von Richters Interesse am Zusammenspiel von Farbe und Raum reichen bis in die 1950er Jahre zurück, als er ein Studium der Wandmalerei an der Dresdner Kunstakademie aufnahm. Aus den Dokumenten dieser Zeit geht hervor, wie viel Aufmerksamkeit er bereits dem architektonischen Kontext schenkte. Doch die emsige Recherche nach Räumen und Formen der Kunstpräsentation wird vor allem in den zahlreichen seit den 1960er Jahren entstandenen Skizzen des Atlas deutlich, in denen sowohl utopische als auch reale Ausstellungsräume entworfen werden, die auf grundlegende und vielfältige Weise das Verbindende ausloten Bild und Architektur, wo die Grenzen zwischen Kunst und Raum verschwimmen. In einem Interview unterstrich Richter sein großes Interesse am Raum: „Ich habe einen Traum von mir – dass sich die Bilder in die Umgebung verwandeln und selbst zur Architektur werden.“

Neben der Neigung zur Architektur spielt seit seinem Frühwerk auch die Arbeit an mehrteiligen Gemälden eine Rolle. Als frühes Beispiel bietet die Ausstellung Acht Lernschwestern, 1966, eine Folge von acht Porträts der ermordeten jungen Frauen, die zum Zeitpunkt der Ereignisse in der Presse erschienen waren

Zu diesen inhaltlich ähnlichen Werkgruppen kam in den 1970er Jahren eine weitere Art von Zyklen hinzu, die darauf abzielte, das Verhältnis von Thema und Variation auszuloten. In den Gemälden der Verkündigung nach Tizian, 1973, näherte sich Richter dem Vorbild von 1535 durch aufeinanderfolgende Fassungen an, wobei die Abstraktion der Bildvision zunehmend akzentuiert wurde. Richter sagte: „Ausschlaggebend war der Versuch, das Gemälde zu kopieren. Nicht erfolgreich zu sein, hat mir die Schwierigkeiten gezeigt, die wir haben, weil all diese Kultur verloren gegangen ist, aber es ist unsere Aufgabe, von dieser Annahme auszugehen und etwas daraus zu machen.“ Die heute in verschiedenen Sammlungen aufbewahrten Kompositionen sind hier ausnahmsweise als Ganzes zu bewundern

Ein weiterer Kern der Arbeiten der 1975er Jahre ist Grau von XNUMX, die Richter als Ganzes im Museum Abteiberg in Mönchengladbach ausstellte. Zur Geburt seiner grauen Bilder sagte er: „Es begann mit kleinen Werken, die ich einfach in Grau übermalte, und mit fotografischen Bildern, die ich so lange rieb, bis absolut nichts mehr zu sehen war. Ich sah also, wie sich qualitative Unterschiede manifestierten, und danach war es spannend zu sehen, warum der eine gut und der andere weniger gut oder weniger hässlich war und so weiter.“ Das Ergebnis ist eine Serie, die auch in der Negation durch die graue Farbe künstlerische Qualitäten in der Variation offenbart.

Die Zyklen abstrakter Gemälde, von denen ua Bach, von 1992, Wald, von 2005, und Cage, von 2006 zu sehen sind, werden bereits in ihrem malerischen Prozess gegenüber den Einzelbildern anders behandelt. Richter sagte dazu: „Bei abstrakten Bildern werden alle auf einmal geboren. Es ist nicht so, dass eines fertig ist und dann das zweite kommt, sondern alle Bilder werden gleichzeitig gemalt. Am Anfang haben alle den gleichen Status, aber dann lernen sie voneinander. So kann ich sie miteinander vergleichen.“ Aus den wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Leinwänden entsteht ein neuer, erweiterter Bildraum

In diesen abstrakten Zyklen haben auch die Titel eine wichtige Bedeutung. Cage (2006) zum Beispiel hat seinen Namen von der Musik von John Cage, die Richter während der Arbeit an den Gemälden hörte; Der Zyklus Wald von 2005 wurde von Fotografien von Waldspaziergängen inspiriert. Die Bilder sind jedoch nicht figurativ, sondern thematisieren abstrakt das Gefühl, sich im Wald verlieren zu können: „Es beschreibt eher das Gefühl, das man in einem unbekannten Wald bekommt.“ Zum konkreten materiellen Raum gesellt sich der imaginäre Raum abstrakter Kompositionen.

Der 18 entstandene Zyklus 1977. Oktober 18 nimmt sowohl in der Ausstellung als auch im Oeuvre Richters einen besonderen Platz ein. Er ist das Ergebnis einer langjährigen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte in Bezug auf die Rote Armee Fraktion / Red Army Fraction (RAF). Die Sequenz umfasst 1977 Gemälde, die nach Presseberichten entnommen wurden, von denen einige – wie die drei Tote (Morta)-Gemälde – selbst Variationen des Themas sind. Die Bilder geben keine Antworten auf Fragen zur politischen Ideologie, sondern verdeutlichen die Ungewissheit, die Zweifel, aber auch die eindringliche und verdichtete Auseinandersetzung. Der Raum wird zu einem historischen Environment, dessen Beobachtung den Ausgangspunkt für weiterführende Reflexionen über die Möglichkeit der Darstellung von Geschichte in der Malerei bietet.In Verkündigung nach Tizian hatte sich Richter mit dem historisch-künstlerischen Modell auseinandergesetzt. Die 1988 auf der Grundlage von Familienfotografien entstandene Serie S. mit Kind bringt das Verhältnis von Tradition und Gegenwart auf andere Weise und auf emotionaler Ebene ins Spiel. Richter dazu: „Mutterschaft kann man schließlich nicht mehr malen. Das wäre völlig reaktionär. Sie würden wie Madonnen aussehen. Einige der Schwierigkeiten werden spürbar, wenn Sie das, was Sie gemalt haben, abkratzen, mit dem Spachtel darüber gehen und es wieder an die Oberfläche bringen. Deshalb ist die Serie aus Versuchen entstanden, sich trotzdem ein Bild davon zu machen. Es sind eigentlich alles beschädigte oder unerträglich klebrige Gemälde.“ Diese bildnerischen Annäherungen trotz der Zweifel an der Wahrung des Themas werden durch den Raum offenbart.

Diese Bilder bilden ein Ganzes, anders als die Serien, die zwar ein bestimmtes Thema aufgreifen, aber dennoch in ihren einzelnen Bestandteilen wie Stillleben betrachtet werden müssen: „Die meisten Serien sind auch anders, weil sie verschiedene Versuche darstellen. Diese haben zwar das gleiche Thema, sollten aber nie zusammen gezeigt werden. Zum Beispiel die Bilder von Kerzen. Es gibt aber auch wirklich stimmige Gemälde, die ein Thema in so unterschiedlichen Variationen behandeln, dass sie nebeneinander ausgestellt werden. Folglich sind sie für einen Raum geeignet“. Auf diese Werkgruppen konzentriert sich die Ausstellung.

In Spiegeln, an denen Richter seit den 1990er-Jahren mit zunehmender Intensität arbeitet, bezeichnet der Bezug zum Raum eine neue Qualität. Betrachteten wir vorher die Gemälde, so sind es nun der Ausstellungsraum selbst und die Besucher, die auf den verspiegelten Glasflächen erscheinen. Auch die Architektur der Räume wird Teil der Malerei. Die Ebenen von reflektierenden Objekten, Räumen und dem sich ständig verändernden Spiegelbild überlagern sich. Die Erfahrung des Betrachters ist bewusst Teil der Arbeit. Einen Raum bilden die Ausstellung Vier graue Spiegel von 2013.

 Der Charakter des von diesen monochromen Spiegeln verdeckten Objekts wird in den Arbeiten auf den Glasplatten noch stärker akzentuiert. In der Sequenz mit 12 Tellern und im Kartenhaus mit 7 Tellern, beide von 2013, vollziehen sich vielfältige Übergänge vom Blick durch die Teller und den imaginativen Raum der Spiegelungen bis hin zur greifbaren Präsenz der Glasplatten selbst als Objekte. „Glas ist etwas sehr Faszinierendes: Als transparente Folie trennt es uns und schützt uns vor der Realität, die es uns wie ein Gemälde zeigt. Und als Spiegel offenbart es uns ein Bild, das nicht da ist, wo wir es sehen. Die Platte selbst ist nur dann zu betrachten, wenn wir sie als Objekt ausstellen. Das hat mich wirklich fasziniert."

Auch die Serie der Strips gehört zu den jüngsten gezeigten Arbeiten, ebenfalls aus dem Jahr 2013. Sie basieren auf der Fotografie eines abstrakten Gemäldes von 1990, dessen Details später mit dem Computer vergrößert und anschließend mehrfach gespiegelt wurden. Die Frage nach dem künstlerischen Potential von Serialität und Wiederholung rückt hier in ein neues Licht. Insgesamt präsentiert die Ausstellung daher zahlreiche Aspekte, die mit der Bedeutung von Serie, Zyklus und Raum in Richters Werk verbunden sind, von thematischen Environments bis hin zu solchen, die den Arbeitsprozess illustrieren, von erweiterten Imaginationsräumen bis hin zu direkten wechselseitigen Beziehungen zwischen Imaginationsraum und Ausstellungsraum im Hallen aus Glas und Spiegeln. Der Betrachter bewegt sich nicht nur von einem Werk zum anderen, sondern auch von einem Raum zum anderen, wo er sich inmitten eines Ganzen wiederfindet. In jedem dieser Bereiche werden neue Bezüge zwischen Richters Werk und dem Kontext des Ortes hergestellt: Die gezeigten Serien werden immer wieder durch einzelne Werke des Künstlers kontrapunktiert; Darunter befinden sich Gemälde mit Ikonenstatus wie „Betty“ von 1988 oder „Lesende“ von 1994. Sie brechen die Abfolge der Räume auf und laden ein, weiter über die Beziehung eines einzelnen Werkes nachzudenken und eine Werkgruppe in der Inszenierung von Richter.Gerhard Richter wurde 1932 in Dresden geboren. Er studierte zunächst an der Kunstakademie seiner Heimatstadt. 1961 floh er in die Bundesrepublik und setzte sein Studium an der Düsseldorfer Akademie fort, wo er von 1971 bis 1994 eine ordentliche Professur innehatte. 1972 stellte er im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig sowie auf der Documenta in Kassel aus, wo er auch 1977, 1982, 1992 und 1997 vertreten war. 2002 feierte ihn das Museum of Modern Art in New York mit einem großen Ausstellungsveranstaltung. Zuletzt war die Retrospektive Panorama 2011/12 in der Tate Modern in London, der Neuen Nationalgalerie in Berlin und dem Centre Georges Pompidou in Paris zu Gast und wird in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler und dem Gerhard-Richte-Archiv konzipiert

Gastkurator der Ausstellung ist Hans Ulrich Obrist, Co-Direktor der Serpentine Gallery in London. Obrist ist ein langjähriger Freund von Gerhard Richter und ein außerordentlicher Kenner seines Schaffens. Seit über zwanzig Jahren führt er gemeinsame Projekte mit dem Künstler durch. Außerdem ist er Autor zahlreicher Publikationen über den deutschen Maler. Für den Schweizer Hans Ulrich Obrist ist es die erste große Ausstellung, die in seiner Heimat kuratiert wurde.

Die Ausstellung wird realisiert mit der Unterstützung von Sam Keller, Direktor der Fondation Beyeler, und Michiko Kono, Associate Curator der Fondation Beyeler.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache mit Texten von Georges-Didi Huberman, Dietmar Elger, Michiko Kono und Dieter Schwarz sowie einem Interview mit Gerhard Richter von Hans Ulrich Obrist. Besonderer Dank gilt Dieter Schwarz für seine Teilnahme am Dialog zum Ausstellungskonzept und Dietmar Elger für seine Unterstützung bei der Ausstellungsgestaltung.

Fondation Beyeler, Beyeler Museum AG, Baselstrasse 77, CH-4125 Riehen (Schweiz)

Öffnungszeiten Fondation Beyeler: täglich 10.00–18.00 Uhr, Mittwoch bis 20.00 Uhr

 

Bewertung