Teilen

WÄHLEN IN DEUTSCHLAND – Der Nordrhein hält Merkel nicht auf

DEUTSCHLANDWAHL – Analysten glauben, dass die Wahlen in Nordrhein-Westfalen die Niederlage von Merkels Christdemokraten im Bundestag markieren werden, genau wie es bei Schröder der Fall war. Aber es gibt zu viele Unterschiede zu 2005 und das Bundeskanzleramt wirkt jetzt viel stabiler. Auch wegen der guten Meinung, die die Deutschen von der Kanzlerin im Amt haben.

WÄHLEN IN DEUTSCHLAND – Der Nordrhein hält Merkel nicht auf

Die italienische Presse (und ehrlich gesagt teilweise auch die deutsche) hat in den letzten Wochen viel darüber berichtet zu der These, dass eine Niederlage von Frau Merkel bei den morgigen Wahlen in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland mit den größten börsennotierten Unternehmen, zu einer vorzeitigen Auflösung des Bundestages führen könnte, so wie es 2005 bei Gerhard Schröder der Fall war im Kanzleramt. In Wirklichkeit gibt es viele Unterschiede zu diesem bestimmten Moment in der deutschen politischen Geschichte.

Der SPD-Chef verlor ein Land, das jahrelang in der Hand der SPD war. Heute wäre ein Sieg von Hannelore Kraft nur eine Bestätigung für die Sozialdemokraten und eine ziemlich offensichtliche Niederlage für die Christdemokraten. Ganz zu schweigen davon, dass Schröder vor sieben Jahren gerade ein Paket zur Strukturreform des Sozialstaats verabschiedet hatte, das eine bundesweite Protestwelle auslöste. Heute sind jedoch rund 60 Prozent der Deutschen mit der Arbeit von Frau Merkel zufrieden, und seit Beginn ihrer Amtszeit hat noch nie eine größere Demonstration zur Europapolitik der Bundesrepublik stattgefunden.

Also in Ordnung? Nicht genau. Die CDU, die Christlich-Demokratische Partei der Bundeskanzlerin, hält sich in Bundesumfragen gut, verliert aber bei Kommunalwahlen an Zustimmung. Das macht die Christdemokraten zunehmend erpressbar im Bundesrat, wo Frau Merkel keine Mehrheit hat. Bisher hat nur der kometenhafte Aufstieg der Piraten es den Christdemokraten ermöglicht, weiterhin in Koalition zu regieren. Dies geschah zunächst im Land Berlin und dann im Saarland. In Schleswig-Holstein hingegen scheint am vergangenen Sonntag der SPD und den Grünen das Unternehmen des Regimewechsels gelungen zu sein, aber nur, weil die dänische Minderheit, traditioneller Verbündeter der Rot-Grünen, den nicht überschreiten darf 5 % Schwelle.

Auch hier stellt, wie in den beiden genannten Bundesländern, die Große Koalition die Rückfalllösung dar, wenn das Bündnis der drei Parteien – das im Kieler Landtag nur eine Stimmenmehrheit hätte – nicht bestehen bleibt. In Wirklichkeit ist die Große Koalition keineswegs nur ein Ausweg aus der Sackgasse der Bündnisunmöglichkeit mit den Liberalen der FDP, sondern für die CDU ein Weg wie jeder andere, auf die Plattform des Sozialkonservatismus vorzudringen Bundestagswahlen. Bereits heute ist das Kabinett von Frau Merkel mit Persönlichkeiten des linken Flügels der Partei besetzt, darunter Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Umweltminister Norbert Röttgen. Letzterer wurde wenig überraschend auch Kandidat der Christdemokraten in Nordrhein-Westfalen.

Röttgen hofft, dass auch diesmal die Zahlen nicht für ein rot-grünes Bündnis reichen und bietet sich als Partner an, der je nach Fall dem einen oder anderen helfen kann. Tatsächlich hat sich in den letzten Wochen der Abstand zwischen CDU und SPD vergrößert und die Umfragen sprechen nun von einer fast sicheren Rückbestätigung für das Kabinett von Hannelore Kraft, die dafür belohnt wurde, dass sie sich nach der Absage von im vergangenen März für Neuwahlen entschieden hatte der extremen Linken und Liberalen von einigen vorgeschlagenen Änderungen am Haushalt des örtlichen Innenministeriums. Auch Röttgen unterliefen mehrere Fehltritte, zwei davon in der letzten Wahlkampfwoche. Zunächst definierte er die Konsultation als Abstimmung über die Europapolitik der Kanzlerin (Frau Merkel nicht wenig irritierend) und ließ dann in einem Interview mit dem ZDF verlauten, dass „leider nicht die CDU entscheidet, sondern die Wähler". Die Unbeliebtheit des christdemokratischen Kandidaten führt zu wachsender Unterstützung für die FDP und ihren Spitzenkandidaten Christian Lindner. Mit dieser Runde könnten die Liberalen, angespornt durch das gute Abschneiden Schleswig-Holsteins, die starke Konsenskrise hinter sich lassen, in die sie unmittelbar nach ihrem Regierungsantritt mit Frau Merkel gestürzt waren.

Bewertung