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Draghi zum EU-Parlament: „Wir wollen kein neues Lehman“

Auf die Fragen des Europäischen Parlaments vertritt der künftige Präsident der Europäischen Zentralbank die Linie der Strenge: „Das Ziel ist Preisstabilität“ – Nein zur Umstrukturierung der griechischen Schulden, ja zu einem europäischen Wachstumsplan.

Draghi zum EU-Parlament: „Wir wollen kein neues Lehman“

Der scheidende Gouverneur der Bank von Italien, Mario Draghi, wurde heute vom Europäischen Parlament angehört, um seine Kandidatur für die Leitung der Europäischen Zentralbank zu bewerten. Die endgültige Entscheidung liegt bei den EU-Regierungen, die am 24. Juni beim Europäischen Rat zusammenkommen.

 

In der Geldpolitik bekräftigte der italienische Kandidat seine Treue zur Linie der EU-Verträge, die den Kampf gegen die Inflation zur obersten Priorität machen. „Weder die Staatsschuldenkrise noch anhaltende Versorgungsprobleme der Banken könnten die EZB jemals von ihrem Ziel der Preisstabilität abbringen“, sagte Draghi. Die derzeit den Banken zur Verfügung stehende Liquidität muss mittelfristig reduziert werden, da die aktuelle Position Frankfurts von Draghi als „sehr entgegenkommend“ beurteilt wird und „keine Abhängigkeit am Markt entstehen darf“.

 

Der Leiter von via Nazionale argumentierte auch, dass die sogenannte Wiener Initiative zur griechischen Schuldenlast offenbar „freiwilliger“ Natur sei. Das Urteil scheint eine Öffnung der EZB zur Umstrukturierung der griechischen Schulden zu sein, eine Hypothese, die Frankfurt bislang als Tabu betrachtete. Für Draghi besteht die Lösung der Griechenlandkrise zwangsläufig in einem europäischen Plan zur Wiederbelebung der Wettbewerbsfähigkeit. Stattdessen müssen die Staaten Maßnahmen zur Anpassung der öffentlichen Finanzen ergreifen.

 

Mit Blick auf seine Vergangenheit bei Goldman Sachs bekräftigte Draghi, dass er nichts mit den Spekulationsaktivitäten der amerikanischen Investmentbank auf griechische Staatsanleihen zu tun habe, mit denen Goldman einen Beratervertrag habe. Draghi erinnerte daran, dass er sich mit dem privaten und nichtöffentlichen Sektor befasst habe. Als Beispiel für seine Unparteilichkeit als Aufseher des Bankensystems nannte er auch seine Erfahrung an der Spitze von Bankitalia.

 

Die Hypothese einer Steuer auf Finanztransaktionen in der Europäischen Union stößt auf die Skepsis von Trichets Nachfolger. Für Draghi hätte dies zur Folge, dass großes Kapital in Ermangelung einer globalen Koordination anderswohin verlagert würde.

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