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Deutschland, Autobahnen: Maut ja, aber nur für Ausländer

Die Bundesregierung hat die PKW-Maut eingeführt, eine Autobahnmaut, die nur Ausländer zahlen, während Deutsche mit der Senkung der Stempelsteuer in gleicher Höhe entschädigt werden - Ein Sieg der CSU über ihre sozialdemokratischen Verbündeten, die es aber tun werden wenig Geld in die Kasse bringen.

Deutschland, Autobahnen: Maut ja, aber nur für Ausländer

Für italienische Autofahrer kommt etwas Neues aus Deutschland. Ab 2016 müssen sie für Fahrten auf Deutschlands leistungsfähigen Autobahnen bezahlen. Tatsächlich wird die berüchtigte PKW-Maut, also die Autobahnmaut, eingeführt … aber nur für Ausländer!

Tatsächlich hat Angela Merkel im letzten Wahlkampf sehr deutlich gemacht: „Es wird keine Autobahnmaut geben“. Aber die deutsche Kanzlerin ist bekanntlich nicht so streng, wie man in Italien glaubt. In Deutschland hingegen ist sie dafür bekannt, flexibel, immer kompromissbereit zu sein und ihre Ideen oft überarbeitet zu haben: von der Griechenlandhilfe bis zum Energiedurchbruch, von der Frauenquote bis zur Autobahnmaut.

Bereits im im vergangenen Jahr unterzeichneten Programm der Großen Koalition gab es auf Vorschlag der Christlich-Sozialen Bayerns eine Vereinbarung zwischen den Regierungskräften (CDU, CSU und SPD) zur Einführung der PKW-Maut: „Zur Verbesserung Infrastruktur soll eine Autobahnmaut eingeführt werden, die europäischen Standards entspricht und deutsche Bürger nicht betrifft". 

Die Bayern der CSU und ihr Infrastrukturminister in Berlin, Alexander Dobrindt, haben die Einführung der Ausländermaut zu einem der Gründe für ihre Präsenz in Merkels dritter Regierung gemacht. Die bayerischen Bürger mögen es wirklich nicht, für Autobahnen in Österreich oder Italien bezahlen zu müssen, wenn Ausländer die ausgezeichneten deutschen Autobahnen nutzen können, ohne einen Euro bezahlen zu müssen. Anders gesagt: Die Einführung der Autobahnmaut ist für die CSU das, was der Mindestlohn für die SPD ist.

Die Einführung der Maut erwies sich jedoch als schwierigeres Vorhaben, als sich die Sozialchristen zunächst vorgestellt hatten. Eine Zahlung nur an ausländische Staatsbürger hätte gegen europäische Vorschriften verstoßen. Das ursprüngliche System sah auch die Zahlung von Mautgebühren auf allen deutschen Straßen vor, aber die Länder lehnten sich gegen dieses Projekt auf, da sie einen dramatischen Rückgang der Touristenbesuche in den Grenzgebieten befürchteten.

Während Dobrindt die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs in den vergangenen Monaten forciert hat, haben sich seine Regierungsverbündeten ihrerseits dagegen gewehrt und bis zu diesem Sommer nur wenige in der Regierungskoalition geglaubt, wie Daniela Kuhr in der Süddeutschen Zeitung sagte, dass sie es geschafft hätten ein Gesetzentwurf, der EU-Standards entsprach und deutsche Autofahrer nicht belastete. Am Ende wurde der Hyperaktivismus von Infrastrukturminister Dobrindt belohnt, so sehr, dass er es sogar schaffte, die starke Skepsis der deutschen Länder zu überwinden. 

Am vergangenen Donnerstag wurde der Gesetzentwurf veröffentlicht, der den am 7. Juli vorgelegten Entwurf modifiziert und verbessert. Die Autobahnmaut wird somit nur auf Autobahnen und Bundesstraßen für Deutsche und für Ausländer nur auf Autobahnen eingeführt und kostet maximal 130 Euro (zunächst 100 Euro), es besteht aber die Möglichkeit, zehn Tage lang 10 Euro zu zahlen oder 22 Euro (anfänglich waren es 20) für zwei Monate. Ausländer können es online oder an grenznahen Tankstellen bezahlen, Deutsche lassen es von ihrem Bankkonto abbuchen. 

Wer nicht zahlt, muss mit einem Bußgeld von 260 Euro zuzüglich der fälligen Mautkosten rechnen. Doch Dobrindts Problem war an dieser Stelle, eine Art Rabatt für deutsche Staatsbürger zu finden, wie es der Regierungsvertrag der Großen Koalition vorsah. So sieht das Projekt des Bundesministers vor, dass die Deutschen eine Ermäßigung der Kfz-Steuer in Höhe ihrer bisherigen Maut erhalten. Eine Lösung, die auch das Problem der Einhaltung europäischer Standards löst, so sehr, dass die Europäische Kommission bereits bestätigt hat, dass das Projekt in die richtige Richtung geht, aber in jedem Fall wird der Europäische Gerichtshof seine endgültige Meinung äußern müssen.

Unter diesen Voraussetzungen soll die Maut zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Damit wird Dobrindt den Auftrag, für den ihn CSU-Chef Horst Seehofer der Kanzlerin für das Infrastrukturministerium angedeutet hatte, abschließen und sich damit rühmen können Neben den beiden großen Wahlsiegen 2013, als CSU-Generalsekretär 47,7 Prozent bei der Landtagswahl und 49,3 Prozent bei der Bundestagswahl zu erreichen, zehrt auch die Autobahn. Kurz gesagt, eine Hypothek auf die Nachfolge von Horst Seehofer.

Der Gesetzentwurf bleibt jedoch vor allem aus wirtschaftlicher Sicht umstritten. Insgesamt rechnet Dobrindts Ministerium mit Mauteinnahmen von insgesamt 3,7 Milliarden Euro, davon allerdings 3 Milliarden allein von deutschen Autofahrern, die durch die Senkung der Kfz-Steuer vollständig erstattet werden. Von den restlichen 700 Millionen werden dann 195 Millionen zur Finanzierung des komplizierten Systems verwendet, das die Deutschen erfunden haben. Am Ende bleiben nur 500 Millionen Euro übrig (beim ADAC, dem Deutschen Automobil-Club, könnten es sogar nur 300 Millionen sein). Eine sehr kleine Zahl, die am Ende zeigt, dass die Hartnäckigkeit, mit der die Deutsch-Bayern die Einführung der Maut gefordert haben, eher eine Grundsatz- als eine Substanzsache ist.

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